AvD-Schatzkiste

Die Texte sind zur privaten Nutzung frei.

Sonntagsgedanken

17. Sonntag im Jahreskreis

© Alois van Doornick, Bild und Botschaft

133. Jakobus mit der Muschel. Die beiden Hälften und das Innere. (Ev.: Jakobustag 25.07.; 17. So. B)

 

Im Bild

Die Kamm-Muschel ist als Pilgerzeichen älter als die Santiago-Wallfahrt. Schon früh werteten die Buddhisten die Muschel als Symbol für gutes Geschick und eine glückliche Reise. Die Griechen wurden durch sie an die Geburt der Venus erinnert. Im Christentum gilt sie seit alters als Pilgersymbol. Und Gastfreundschaft wird auf dem Jakobsweg groß geschrieben. Der wirkliche Pilger erhält manchmal noch Geld und Brot für den Weg.

Die Jakobsmuschel diente auf der Wallfahrt dem praktischen Zweck als Schöpf- und Trinkgefäß.

  • stellte den Träger unter einen besonderen Schutz. Härteste Strafe hatte zu erwarten, wer Pilger antastete.
  • dient den Pilgern als gegenseitiges Erkennungszeichen für herzliche und fröhliche Gespräche.
  • erinnert als „Seezeichen“ an den Fischer Jakobus.
  • trägt man am Rucksack, auf der Brust, auf dem Herzen oder oben am Hut.
  • galt als Zeichen einer überstandenen Pilgerfahrt. Es war der Beweis: Ich war am „Ende der Welt“.

Warum trage ich eigentlich immer nur die eine Muschelhälfte? Die mit der Wölbung. Fasziniert mich die offene Schale? Suche ich Geborgenheit und Schutz „unter“ der Muschel? Nicht alle wissen, dass die obere Hälfte eben ist. Wie ein flacher Deckel. Der fehlt. Er bleibt im Meer eher im Boden stecken.

So fehlt oft schmerzlich manches im Leben. Manchmal bräuchte ich Deckung. Manchem fehlt die „bessere Hälfte“.

Ein Pilger übt sich ein: Ich brauche nur wenig. Ich gehe schutzlos, nicht nur gegen Regen und Kälte. Ich bin offen. Ich bin nicht „zu“ mit allem. Ich bin so frei.

Offen für viele Erlebnisse und Erfahrungen. Offen für viele Menschen und ihre Anliegen. Offen für Gott, der füllt.

„Was fehlt dir?“, fragen wir manchmal schnell dahin. Wenn ich selbst offen bin, kann ich vielen anderen das Leben füllen. Mit dem, was ihnen fehlt. Rundum schön.

„Schön bist du. Und so schlicht. Du strahlst so viel Ruhe aus. Ich drehe dich nach außen und schaue. Ich sehe die Rillen zusammenlaufen zu einem Punkt hin. Wie gemalt. Bei Milliarden Muscheln. Auf beiden Seiten Linien, die zur Mitte gehen. Viele haben den flachen Deckel nie gesehen. Alle Linien sammeln sich wie die Jakobswege. Viele Wege aus vielen Ländern nach Paris, Vézelay, Le Puy und Arles. Vier Hauptwege zum einen „Camino Francés“ ab Puente la Reina gleich hinter Pamplona. Viele Wege und ein Ziel. Viele Gespräche und ein Thema. Viele Pilger und ein Jakobus. Viele Sprachen und eine Gemeinschaft. Viele Motivationen und ein Weg. Viele Menschen und ein Gott. Alles kommt auf den Punkt.

ER ist das Alpha und das Omega. Zielpunkt und Ausgangspunkt. Ruhepol und Neubeginn. Mitte und Anfang. Deine Form, Muschel, bringt mich in Form. Deine Ruhe, Muschel, bringt mich zur Ruhe. Deine Linien, Muschel, weisen mir Wege. Deine Festigkeit gibt mir Halt. Deine Herkunft öffnet mir Horizonte. Deine Offenheit weitet mein Herz.“

 

Die Botschaft

Jakobus war der erste Märtyrer unter den Zwölf, nur darum heißt er „der Große“ oder „der Ältere“. Seine Verkündigung in Spanien muss wenig Erfolg gezeigt haben, die Gottesmutter (als „Madonna del Pilar“) musste ihn in Zaragossa trösten, dass die Saat aufgehen wird. Das von Jesus den Boten vorausgesagte Schicksal erleidet er wie später Paulus:

„Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen; so wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt. Von allen Seiten werden wir in die Enge getrieben und finden doch noch Raum; wir wissen weder aus noch ein und verzweifeln dennoch nicht; wir werden niedergestreckt und doch nicht vernichtet. Wohin wir auch kommen, immer tragen wir das Todesleiden Jesu an unserem Leib, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib sichtbar wird.“ (2 Kor 4,7–10)

Auch die dünneren Jakobsmuscheln scheinen nur zerbrechlich, sind aber sehr stabil und halten viel Druck aus. Im Innern bildet der weiße Muskel, der sich gegen den Wasserdruck beim Ein- und Ausatmen stemmt, später eine Delikatesse.

„Da liegt ihr vor mir. Ihr seid stark und zerbrechlich. Ihr seid stabil und hauchdünn. Ihr seid steinhart und verwundbar. Ihr glänzt und seid vergänglich. Ihr seid uralt und springt schnell in Stücke.

So ist es mit mir: Ich habe starke und schwache Tage. Ich bin außen hart und innen weich. Ich bin obenauf und dann wieder geknickt. Einmal hab ich alles – und dann ist alles nichts. Mein stabiles Leben ist ganz plötzlich brüchig. Da gibt es manchmal Bruchstellen und Knackpunkte. ER fügt meine Scherben so oft wieder zusammen. ER heilt die zerbrochenen Herzen. Muschel, gib mir Mut, zu IHM zu gehen. Ich bin ja noch Pilger!“

 

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16. Sonntag im Jahreskreis

© Alois van Doornick,
Bild und Botschaft
132. Einsamer Ort. Kirchenraum Appeldorn, 1974 als Zentralkirche am alten Chorraum angebaut
(Evangelium 16. So. B: Jer 23, 1-6; Eph 2, 13-18; Mk 6, 30-34.)

Im Bild
Am 1. März 1945 lag die St.-Lambertus-Kirche in Appeldorn bis auf Teile des Chorraums am Boden nach der Spren-gung durch die Deutschen auf ihrem Rückzug über den Rhein. Dennoch bauten die Appeldorner spendenfreudig und mit viel Eigenarbeit das Langhaus vor dem erhaltenen Chorraum wieder auf. 1974, auch nachdem Kehrum eine eigene dem Konzil entsprechende Kirchgestaltung gefunden hatte, nahm man das Langhaus wieder weg und stell-te diesen für den Gottesdienst hellen und offenen Kirchenraum her als halbrunden Gebetsraum der Gemeinde um den Altar. Das Kirchendach erhielt unter dem Konzilsgedanken vom „wandernden Volk Gottes“ eine Zeltform. Statt auf ein bildreiches Retabel konzentriert sich der Blick nun auf das Kreuz. Die Gottesmutter und der Pfarrpat-ron kommen seitlich in den Blick. Die Orgel und der Kirchenchor stehen in der Liturgie auf gleicher Ebene der Ge-meinde im gemeinsamen Gotteslob aller um den einen Altar.
Der Taufstein steht im „Zugang“ zum Kirchenraum und konnte als Weihwasserbecken von den Besuchern vor je-der Messe als Tauferinnerung genutzt werden. Der alte Chorraum wird als Werktagskirche und für kleine Gruppen gebraucht. So steht der Tabernakel nicht im Zentrum der sonntäglichen Feier, sondern Ambo und Altar für Wort-verkündigung und Abendmahlsvollzug: Das Konzil hat 1965-1968 in ökumenischen Denken dem Dienst der Wort-verkündigung einen gleichrangigen Wert gegeben neben der Eucharistiefeier als Präsentsetzung des Abend-mahls..

Die Botschaft
Das Konzil propagierte zum Glück bereits vor 55 Jahren die „tätige Teilnahme aller“ an der Eucharistie und bestärk-te die Gemeinden, liturgische Dienste zu benennen: So wirken neben dem Priester als Liturgen Sängerinnen und Sänger, Messdienerinnen und Messdiener, Kollektantinnen und Kollektanten, Lektorinnen und Lektoren, Organis-tinnen und Organisten, Kommunionhelferinnen und Kommunionhelfer, Küsterinnen und Küster. Zudem wurde aus dem eigentlich für den sozial-caritativen Dienst der Kirche stehenden Diakon der alten Kirche im neuerdings dreigestuften Amt „Diakon-Priester-Bischof“ auch der liturgische Dienst des Diakons im Zivilberuf oder Hauptberuf eingerichtet. Ferner wirken Katechetinnen und Katechten, Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten in Fami-liengottesdiensten auch im Zeugnis der Predigt mit. Diese Vielfalt der Dienste auszuüben macht das „Katholische“ sichtbar und erlebbar als „Volk Gottes“ mit gleicher Würde in Taufe und Firmung.
Der Kirchenraum ist aber auch Rückzugsraum und „Raum der Stille“ außerhalb der Liturgie. Gerade da bewährt sich das „Gebet vor dem Kreuz“, die Verehrung der Heiligen, das Entzünden von Kerzen, das Beten vor dem Taberna-kel. Eine Gemeinde tut gut daran, diesen Schatz der Stille zu pflegen. Dies geschieht seit Corona-Zeiten in St. Lam-bertus Appeldorn in der Möglichkeit der Anbetung vor dem ausgestellten Allerheiligen.
Die Urlaubszeit drängt vielleicht nach Corona eher an Orte, „wo was los“ ist als an einen einsamen Ort: Den hatten wir zuhause in vielen Monaten zur Genüge … Und doch tut der Blick über die Berge beim Bergwandern gut, das Sitzen am Strand, die kleine Runde mit Freunden, der Spaziergang an niederrheinischen Wegen, das Sitzen in einer unserer historischen Kirchen. Das soziale Wesen Mensch braucht beides: Die Kommunikation, das Gewühl und Gewimmel wie auch das Alleinsein, die Stille und die Natur. Gönnen wir uns beides bewusst. Wir haben es ver-dient!
Der einsame Ort kann also auch die schöne Zeit der Anbetung und Stille sein. Zwischen 14.30 und 17.30 Uhr kann freitags jeder dort die Möglichkeit eigenen Betens vor dem Allerheiligsten nutzen, „um allein zu sein“ mit Jesus. Vielleicht können auch wir dort Jesus berichten, was wir erlebt und getan haben, wie es die im Doppelpack ausge-sandten Jünger bei ihrer Rückkehr nach der Aussendung in die benachbarten Dörfer taten. Jesus wird wahrschein-lich schon um unsere Erlebnisse wissen, aber sie unter seinen Augen dankbar anschauen und Zeit finden zum Hin-hören auf ihn, kann sehr gut tun. Probieren Sie es gern aus. So manche und mancher schleicht sich in dieser kost-baren Zeit dort hin. Einer unserer Priester gibt auch zwischendurch den Segen oder ist da zum Gespräch und zur Beichte …

 

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15. Sonntag im Jahreskreis

© Alois van Doornick, Bild und Botschaft

131. Im Doppelpack: Aussendung der Jünger. Gerichtsbild St. Nicolai Kalkar, Original des Wandgemäldes aus 1450, heutiger Zustand meist aus der Übermalung Anton Bardenhewers 1908

(Evangelium Mk 6, 7-13: 15. So. B)

 

Im Bild

Dass der Weltenrichter Christus auf dem Regenbogen, verehrt von Maria und Johannes, dem Täufer (!) im gotischen Bogenfeld vor der heutigen Sakramentskapelle, der damaligen Sakristei, umrahmt wird von den zwölf Aposteln, nennt Guido de Werd in der Kunst selten. An drei Stellen finden sich dort Apostelpaare, und diese alle betend und auf den Erlöser schauend. Ob die interessanten Gesichtszüge aus der Zeit der Restaurierung viel mit den ursprünglichen Zeichnungen des 15. Jh. zu tun haben, bleibt fraglich. Schön aber, dass auch der damaligen Zeit gemäß die Individualität eine große Rolle spielt. Während die Zeit des Jan Joest bereits den Nimbus weglässt, wird dieser hier zur Namenspräsentation genutzt. Die ganz ausgestreckt aneinander gelegten Hände beim für uns frommen Gebet verstärken die Anbetungshaltung und zeigen die Bereitschaft zur Ganzhingabe.

 

Die Botschaft

Das Zeugnis zweier verschiedener Personen galt nicht nur juristisch als Beweis, sondern auch im Alltag des Judentums. Wenn Jesus in der Fläche wirken will und sozusagen mit seinen Freunden als echte Zeugen seiner Taten und Worte einen Probelauf startet, von dem sie nachher berichten müssen, dann wird dadurch schon zur Zeit Jesu der missionarische Charakter des Christentums deutlich. Auch haben die Jünger hier nichts bei sich, kein Geld, keine Tasche, kein zweites Hemd: Gefaltete Hände können nichts anderes tun und nichts anderes festhalten. Wer betet, überlässt einem anderen sein Schicksal und nimmt es eben nicht selbst in die Hand.

1. Ein erstes Stichwort zur Konsequenz aus dem Evangelium der Apostelaussendung in Paaren heißt: Koalitionen suchen. Wer etwas erreichen will, muss Projektpartner finden. Wer sich austauschen will, braucht Gleichgesinnte. Wer etwas allein nicht schafft, muss sich kompetente Hilfe suchen. Die Hände in den Schoß zu legen, Resignation sich ausbreiten zu lassen, an den eigenen Kräften zweifeln: Partnersuche kann ein ermutigender Ausweg sein. Alleingänge sind nicht zukunftsweisend. Vier Augen sehen mehr, vier Hände schaffen Schweres schneller, vier Füße finden leichter Wege …

2. Das Bild des Betens mahnt uns, die Alltagsdinge täglich ins Gebet zu nehmen. Mit dem Herzen nach Gott Ausschau zu halten, das Gotteslob zu sagen für die vielen positiven Dinge unseres Lebens, den Willen Gottes zu erfragen in problematischen Situationen, Gott Dank zu sagen für die Qualitäten der Mitmenschen, den Horizont zu weiten mit den Augen Gottes, Sachen in Ruhe und Bedacht anzugehen: Das Gebet hilft zu Klarheit, Übersicht, Lebensfreude und menschenfreundlichem Tun.

3. Das Gerichtsbild macht auf einen anderen Horizont aufmerksam, der auch im Evangelium mitschwingt: Im Gericht stehen wir Menschen da „ohne alles“ an (Ge-)Habe, Reichtum, Statussymbolen. So sollen die Christen zu den Menschen gehen. Also auf Augenhöhe, ohne Hierarchie-Denken, ohne Machtsymbole, ohne Überlegenheitsdünkel. Christen sollen sich nicht besser fühlen, sollen Überheblichkeit ablegen, Nähe suchen, in die Häuser gehen statt in den Kirchen zu warten …

4. Die Ankündigung der Nähe Gottes, das Verkündigen der Botschaft Christi hat Entscheidungscharakter. Es gibt Zustimmung und Ablehnung. Boten müssen sich nicht alles gefallen lassen, müssen nicht alles erleiden, dürfen sich „aus dem Staub machen“, wenn die Botschaft nicht angenommen wird: Das wird aber den Ablehnenden zum Gericht: Die Konsequenzen müssen diese selbst tragen. Jesus hilft seinen Freunden über Ablehnung und Erfolglosigkeit schon im Vorhinein hinweg. Er weiß darum, dass die christliche Botschaft auf wenig Akzeptanz stößt. Heißt das, dass Gemeinden sich nicht festbeißen müssen in Unternehmungen mit wenig Früchten? Heißt das, dass der Mut zu neuen Versuchen, zu neuen Konzepten, zu neuen Ansprechpartnern und Zielgruppen größer sein müsste, als es jetzt ist? Sollen wir Traditionelles, Eingefahrenes, ja Eingeschlafenes nicht mit Gewalt am Leben erhalten, sondern liegen lassen, um neue Kreise zu gewinnen, neue Wege zu wagen?

5. Der letzte Satz des Evangeliums erdet die „Theologie“: Es geht nicht um Worte und Überzeugungen, um Theorie und Verstehen: Es geht um Helfen und Heilen, Böses austreiben und minimieren, Krankhaftes zu gutem Leben zu verhelfen und Wunden der Vergangenheit nicht nur mit tröstenden „salbungsvollen“ Worten zu versorgen.

 

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14. Sonntag im Jahreskreis

© Alois van Doornick, Bild und Botschaft

130. Propheten gefragt. Marienaltar St. Nicolai Kalkar, Ferdinand Langenberg, Eichenholz, 1901

(Evangelium 14. So. B Ez 1, 28b-2, 5; Mk 6, 1b-6)

 

Im Bild

Der Gocher Bildschnitzer Ferdinand Langenberg hat um 1900 viel zur Restaurierung der Kalkarer Altäre beigetragen und einen wunderschönen Kreuzweg uns hinterlassen, der in seiner Vielgestaltigkeit über die meisten Entwürfe damaliger Zeit weit hinausgeht. Die Hohlkehlen an den Altarrändern sind häufig mit „Randfiguren“ geschmückt. Eine solche konnte vor einigen Jahren für Hanselaer im Kunsthandel zurückerworben werden. Über die Jahrhunderte fanden anscheinend hier und da Menschen Gefallen an den kleinen Figuren und entwendeten sie für private Zwecke. So ist dort mit Petrus das Gegenstück zum Paulus wieder komplett.

Während im Siebenschmerzen-Altar Könige und Vorfahren Jesu die Randkehlen zieren, sind es im Marienaltar der so genannten „Sieben Freuden“ die Propheten mit ihren Schriftbändern. Bücher gab es zur Zeit Jesu nicht. Briefe und Texte wurden gerollt aufbewahrt. In großen Tonkrügen fand man 1947 in Qumran am Toten Meer zeitgenössische Schriftrollen z.B. des ganzen Buches des Propheten Jesaja. Die acht Propheten stehen in unterschiedlicher Haltung. Dieser unten links weist mit seiner Linken nach oben, während er das abgewickelte Schriftband bis über den erhobenen Arm ausbreitet und uns offen, also zum Nachlesen präsentiert.

 

Die Botschaft

Es ist in den Evangelien zumeist Matthäus, der das Geschehen um Jesus mit alttestamentlichen Schriftzitaten belegt. Es ist in der Nicolai-Kirche ein Ausdruck der bibelkundigen Devotio moderna, der „modernen Frömmigkeit“, dass die Bibel wieder mit dem Originalgeschehen zur Sprache kommt gegenüber den manchmal skurrilen Geschichten der Heiligen oder der Wunderkraft der Reliquien. So bin ich sehr dankbar für die acht Propheten im Marienaltar, die vier Propheten im Marienleuchter oder die zwei im Passionsaltar, für Abraham und Mose in den Bildern des Jan Joest, für Isaak und Jakob im Johannesaltar, für David, Salomo und die Könige im Sieben-Schmerzen-Altar neben allen anderen neutestamentlichen Bezügen.

In der Medienvielfalt heutiger Zeit wird der Rückbezug auf den Originaltext Bibel uns Erstaunliches zutage tragen. Dabei ist die Weisheitsliteratur (Ijob, Psalmen, Kohelet, Sprüche, Weisheit, Jesus Sirach) im Alten Testament für die meisten ein ganz wenig gehobener Schatz. Bekannter sind die 12 kleinen und die sechs großen Prophetenbücher (Ezechiel, Jesaja, Jeremia, Klagelieder, Daniel, Baruch). Am vertrautesten sind uns die 16 Bücher der Geschichte des Volkes Gottes, die nach den „fünf Büchern Mose“ den Werdegang des jüdischen Volkes nachzeichnen. Neben der Regierenden hat Israel aber immer auch die Propheten herausgestellt und damit um eine intensive Spiritualität gerungen. Die Mahner kamen wie Jeremia oder Amos oft genug in Bedrängnis oder kommentierten schwere Zeiten wie die Wegführung der leitenden Juden nach Babylon und den Verlust des Zentrums, des Tempels in Jerusalem im 6. Jh. vor Christus.

Um Unheil und Bekehrung geht es, um Gerechtigkeit für die Armen und richtigen Opferkult im Lob und Glauben, statt in der Masse der blutigen Opfer. Es sind die Propheten, die die Könige salbten für ihre gerechte Regierung. Es sind die Propheten, die die politischen Bündnisse kommentierten oder das Machtstreben verurteilten. Die Berufungsszenen bei Ezechiel, Jesaja oder Jeremia sind höchst interessant zu lesen, auch das Liebeswerben Gottes um sein Volk wie etwa bei Hosea, Amos oder Jesaja. Man sollte sich einmal einen der „kleinen Propheten“, also kurzen Bücher in eins durchlesen. Wie oft erkennt man heutige Probleme wieder! Wie sehr gab es zu allen Zeiten Gottvergessenheit, Unterdrückung Andersartiger, Opfer von Gewalt oder Herrschaft, Ringen um Fürsorge für Rechtlose …

Gut dass es auch heute „Propheten“ gibt: Menschen, die nicht sich, sondern Größeres „vorweisen“, wie es das Wort sagt. Die Anderes „durchscheinen“ lassen oder Zukunftsentwicklungen deuten können. Die Gesellschaften brauchen zu allen Zeiten das Korrektiv spiritueller Menschen, die Auslegung des Wortes und Willens Gottes, die Herausstellung des „Heiligen“ und Heilbringenden, den Widerpart gegen den Mainstream, den Fürsprecher der kleinen Leute.

Propheten sind wie Kirchtürme, die mit ihrem Finger in den Himmel zeigen, gleichzeitig als Stopp-Schild und als Richtungsweiser. Vielleicht sollten wir uns gegenseitig darin unterstützen, dass wir auf solche Gestalten mitten unter uns aufmerksam werden. „Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt“ oder nicht kennen und nicht hören wollt. „Jerusalem, du steinigst deine Propheten. Wenn du doch an diesem Tag erkannt hättest, was dir zum Frieden dient.“ „Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen, außer in seiner Heimat“! Wir sollten uns nach ihnen umschauen.

 

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13. Sonntag im Jahreskreis

© Alois van Doornick, Bild und Botschaft

129. Gott hat den Tod nicht gemacht. Skelet in St. Antonius Hanselaer, Eiche, Ende 15. Jh., unbekannter Meister

(Evangelium 13. So. B, Weish 1, 13-15; 2, 23f.; Mk5, 21-43)

 

Im Bild

An Ausdruck und Bewegung sieht man an der Hanselaerer Kreuzigungsgruppe eine hoch entwickelte Dramatik in den Gesichtszügen und im Faltenwurf, im Ausdruck der Hände und Bewegungen. Die besser als überall am Niederrhein erhaltene Farbfassung tut ein Übriges. Selten dargestellt ist der Griff in die Haare bei Johannes, einzig das Winden der Schlange durch das Skelet. Wie viele Bewohner und Besucher standen schauernd vor dieser Passionskreuz-Gruppe? Ein klein dargestellter Bauer schaut auf zum Kreuz: Was ist sein Anliegen als Stifter? Für wen betet er um Hilfe? Wo sonst unter Kreuzen ein Totenschädel auf den Hinrichtungsort außerhalb der Stadt Jerusalem oder auf das Adamsgrab hinweist, ist hier ein monumentales Skelet bedrohlich vor Augen gestellt.

 

Die Botschaft

„Adam“ bedeutet: „Aus Erde“. „Alle Menschen kommen vom Erdboden und Adam ist aus Erde geschaffen worden.“ (Sir 3,10) Man vermutete auf dem Berg Golgotha das Adamsgrab. Wahrscheinlicher ist diese These aus dem Pauluswort hergeleitet: „Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden.“ (1 Kor 15, 22) Die Frage nach dem Grund des Sterben-Müssens in der Natur und beim Menschen hat die Denker aller Zeiten bewegt. „… dennoch herrschte der Tod von Adam bis Mose auch über die, welche nicht durch Übertreten eines Gebots gesündigt hatten wie Adam, der ein Urbild des Kommenden ist. (Röm 5, 14)

Die Bibel erklärt es in der Genesis mit der ersten Übertretung des Gottesgebotes, vom Baum der Erkenntnis nicht zu essen. „Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott, der HERR, gemacht hatte. Sie sagte zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? Die Frau entgegnete der Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen; nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht essen und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben. Darauf sagte die Schlange zur Frau: Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse.“ (Gen 3, 1-5)

Der Mensch, einmal geboren, weiß um seine Endlichkeit. Allem Wachsen und Werden liegt ein Vergehen inne. Der Philosoph und Prediger Kohelet formuliert: „Denn jeder Mensch unterliegt dem Geschick und auch die Tiere unterliegen dem Geschick. Sie haben ein und dasselbe Geschick. Wie diese sterben so sterben jene. Beide haben ein und denselben Atem.“ (Koh 3,19) Aber interessanterweise sieht das Weisheitsbuch Gott nicht als den Schöpfer des Todes. Wir würden einem Allgewaltigen alles Schöpfungswerk, also auch die innewohnende Endlichkeit als von ohm samt und sonders mitgegeben zutrauen. Die Lesung des 13. Sontags aus Weisheit 1+2 sieht Gott als „Freund des Lebens“ (Weish 11,26), der entgegen unserm Anschein alles (nicht nur den Menschen) zum „Dasein“ geschaffen hat: „Kein Gift des Verderbens ist in ihnen“.

In den Wunderberichten über Heilung und Auferweckung zeigt sich Jesus ebenso mit Lebenswillen für die Menschen. Er will sie nicht nur mit Brot (ab-)speisen, sondern er will weiter ans andere Ufer dort zum Heil der Bedrängten wirken, Zeichen setzen gerade in hoffnungslosen Situationen für das Leben: Er heilt die hoffnungslos blutflüssige Frau und das Kind des Synagogenvorstehers. Er gibt sich mit der Todesspirale nicht ab: Mit ihm geht es aufwärts!

Im nicht ganz so christlichen Holland sah ich in großen Lettern an einem kleinen Kanal geschrieben: „Da Jesus lebt, habe ich keine Angst vor der Zukunft.“ Für mich hat das zwei Blickrichtungen: Da Gott Jesus nicht im Tod gelassen hat, sondern jenseits der sichtbaren Todesrealität Wege findet, kann ich Hoffnung fnden für uns. Mindestens genauso wichtig ist mir, dass Jesus „lebt“ in seinen Christen, die den Armen aufhelfen, die sich um Kranke sorgen, die Ungerechtigkeiten nicht hinnehmen, die für die Naturgesundheit aufstehen, die sich auflehnen, wenn Menschen fertig gemacht oder klein gehalten werden: Jesus lebt durch die, die Leben vermehren, erhellen, heilen, zugestehen, zugänglich machen, ermöglichen … Glauben wir dem, der sagt: „Ich bin gekommen, dass sie das Leben haben, und es in Fülle haben (Joh 8, 10)?

Der zur Vergebung bereite Gott will nicht den Tod des Sünders: „Wenn er alle seine Vergehen, die er verübt hat, einsieht und umkehrt, wird er bestimmt am Leben bleiben. Er wird nicht sterben.“ …  „Ich habe doch kein Gefallen am Tod dessen, der sterben muss - Spruch GOTTES, des Herrn. Kehrt um, damit ihr am Leben bleibt!“ (Ez 18, 28.32)

 

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12. Sonntag im Jahreskreis

© Alois van Doornick, Bild und Botschaft

127. Boot vor Grieth. Bildausschnitt aus Achilles Moortgat (1904-1957), Gemälde Maria als Schützerin, Hl. Jahr 1950. (Evangelium 12. So. JK B, Mk 4, 35-41 Seesturm)

 

Im Bild

Der belgische Maler Achilles Moortgat lebte nach der Ausbombung von Kleve in Grieth, um dann nach einigen Jahren ins belgische Dendermonde zurückzukehren. Sein Bild „Maria über Grieth“ hängt zusammen mit dem 1950 erklärten Glaubenssatz der „leiblichen Aufnahme Marias in den Himmel“. Grieth war in dieser Zeit Ankerplatz für die Schiffe zur Übernahme von Wasser und Lebensmitteln. Die Tradition des Schiffervereins und des Shanty-Chors sind bis heute gepflegt. Die Arbeit auf den tuckernden Motorkähnen war keine Ferienreise. Der Bildausschnitt zeigt Windstille und relativ hohes Wasser, gesehen von Grietherort hinüber auf das Schifferstädtchen Grieth.

 

Die Botschaft

„Und es trat völlige Stille ein.“ – „Wer ist denn dieser, dass ihm sogar der Wind und das Meer gehorchen?“

Selten sieht man den Rhein so glatt und reglos wie auf diesem Bild mit dem Blick auf Grieth. Der in Grieth einige Jahre wohnende Maler musste auch „ans andere Ufer“ hinüberfahren für diese Perspektive. Das Wort „Perspektive“, „Durchblick“ spricht schon von dem Erfolg genauen Hinsehens oder der Einnahme eines anderen Standpunkts. Für uns Christen ist der Ortswechsel, der Perspektiv-Wechsel angeraten in diesen Zeiten. Der andere Blick, die andere Position verhilft zu mehr Horizont und Lichtblicken für die Kirche. (Da gibt es ein kleines Leuchten hinter der Griether Kirche.) Es lohnt, den eigenen „Dorfhorizont“ hinter sich zu lassenund „von außen“ auf die Kirche zu schauen. Es kann gut tun, „aus sich heraus zu gehen“ und „Abstand zum Alltag“ zu gewinnen, wie wir jetzt gern in den kommenden Urlaubswochen tun.

Das bedeutet: Aufbruch, oder sogar Ausbruch aus dem Alltag wirkt befreiend. Auch Jesus wollte nicht bleiben bei den vielen Leuten, mit denen er bei seinen ersten Predigten am See konfrontiert wurde. Er wollte auch in andere Dörfer. Er wollte nicht selbst im Mittelpunkt stehen, sondern seine Botschaft „an den Mann/Frau bringen“. Weitblick und Weitsicht tun gut. Auf kurzen Erfolgen und Ereignissen sich ausruhen macht selbstgefällig.

Im Verlauf der ersten Kapitel des Markusevangelium steht die Überfahrt zwischen den beiden Gleichnissen vom Sämann und der selbstwachsenden Saat und dem Heilungswunder der Besessenen von Gerasa, wonach Jesus wieder über den See zurückkehrt, um weiter Wunder zu wirken bei Jairus und der blutflüssigen Frau:  Sturmstillung, Auferweckung und Krankenheilung erregen Aufsehen und führen zu deutlicher Ablehnung bei den Pharisäern.

Wir dürfen uns zu den Jüngern ins Kirchenschiff setzen. Wir dürfen Jesus in unser Boot holen. Wir dürfen vielleicht gerade jetzt in den nächsten Wochen der Ferien die stillen Momente nutzen, auf Jesus in meinem Leben zu blicken. Seine starke Hand des Eingreifens in meine Unruhe anzuschauen. Wir dürfen in den Unruhen des Kirchenschiffs Deutschland uns konsequent, das heißt nachfolgend an ihn halten. Wir dürfen den in unserem Gedächtnis und in unserer Lebensgeschichte „eingeschlafenen Jesus“ wieder aufwecken. Wir dürfen im Kyrie den Kyrios anrufen: „Herr, erbarme dich über unser Kirchenschiff!“ Wir dürfen mit Jesus neue Ufer suchen, um dann gut und bestärkt nach Hause zurückkehren zu können. Jesus am See hielt nichts von Stillstand. Er musste weiter. Er wollte gehen. Er wollte sehen. Er wollte mehr. Auch für uns! Auf weiter!

 

πάντα ῥεῖ, „Alles fließt“ (Heraklit)

 

Ein Wurm aus dunkler Erde kriecht leicht ins Sonnenlicht
und denkt wie beim „Es werde!“: Schön! Dunkel bleibt es nicht!

Am Abend spürt er sinken der Sonne Licht und Schein.

Betrübt bedenkt er dennoch: Da muss Bewegung sein.

 

Ein Stichling steht im Wasser still staunend vor sich hin,

freut, von der Sonn beschienen, am Leben sich mit Sinn,

fühlt grad am Stromeswirken, dass er es einsehn muss,

schnappt Luft mit seinen Kiemen: Ich leb in ständ’gem Fluss!

 

Ein Löwe liebt Savannen, mag freie, wilde Bahn,

freut von der Sonn gewärmet sich königlich daran,

zieht Luft in seine Nüstern schwer schnaubend stark hinein
und spürt: Ich leb vom Luftstrom, ich seh es selber ein.

 

Ein Elefant in Indien äugt ängstlich hin und her

– das Leben ist gefährlich –, wo denn sein Jüngster wär,

bedenkt, als er sich ansieht: Wie bin ich doch ergraut!

Da sieht man doch den Zeitlauf, es altert meine Haut.

 

Der  Mensch sieht Wurm und Stichling, sieht Löwe, Elefant,

spürt fließen alle Dinge: Luft, Zeit, Fluss fließt im Land.

Er ahnt, dass Gott lässt werden Geschichte, Technik, Bau’n,

Entwicklung, Fortschritt, Denken, die Völker, Weltenraum.

 

Dass Leben Fließen, Gehen, Prozess stets Schritt für Schritt,

ein Weiten, Wachsen, Sehen, das gab der Schöpfer mit.

Der Mensch, vor Jahr’n geboren, dann vielfältig im Fluss,

bald fließend ist erkoren, flugs fortgehn, aufstehn muss.

 

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11. Sonntag im Jahreskreis

© Alois van Doornick, Bild und Botschaft

126. Antonius von Padua, überlebensgroße Figur in St. Pankratius Altkalkar, Holz ca. 1920 (?). (Evangelium 11. Sonntag B Mk 4,26-34)

 

Im Bild

An den beiden Stirnwänden der Seitenschiffe in St. Pankratius Altkalkar stehen Figuren zweier großer Ordensheiliger gleicher Machart und Größe: Theresia von Lisieux und Antonius von Padua. Beide haben in ihrer volkstümlichen Kennzeichnung einen Bezug zum Jesuskind: Theresia vom Kinde Jesus, so ist ihr Ordensname bei den Karmeliterinnen in Lisieux/Normandie/Frankreich. Der Franziskaner Antonius wird zur Unterscheidung von seinem eigenen Ordensnamenpatron Antonius Abbas (17. Januar, dargestellt mit Schwein, T-Kreuz, Schelle, Feuer) immer mit der Bibel und dem darauf ihm zugewandten Kind Jesus präsentiert. Die Herkunft und der Schnitzer dieser beiden „Missionare“ und Ordensleute könnte auf ein früheres Schwesternhaus oder auf einen Bezug zu Volksmissionen zurück gehen.

 

Die Botschaft

Der frühere Augustinerchorherr aus gutem Lissaboner Adel um 1190 mit Geburtsamen Fernando nahm beim Eintritt in die gerade erst sich bildende franziskanische Bewegung den Namen des heiligen Antonius an mit Blick auf das tiefe Bibellesen des Mönchsvaters im 4. Jh. Nach intensivem theologischem Studium und Missionsversuchen in Nordafrika fiel er als Gast bei einem Treffen der jungen franziskanischen Gemeinschaft bei Franziskus in Assisi/Italien 1221 durch eine auffallend überzeugende Sprach- und Predigtfähigkeit auf. Sofort wurde er zu Predigtreisen in Italien und später in Südfrankreich bestimmt. Franziskus schätzte ihn überaus und nannte ihn sogar seinen „Bischof“, was so viel wie „Wächter/Aufseher“ bedeutet. Für die Armutsbewegung des jungen Franziskus wurde Antonius zum wissenschaftlichen Standbein der nicht in den bischöflichen Strukturen frei tätigen franziskanischen Armuts-Prediger. Gesundheitlich geschwächt zog er sich in die Gegend von Padua zurück, was dem gebürtigen Portugiesen den Beinamen „von Padua“ einbrachte.

Sein früher Tod mit gut 40 Jahren 1231 am 13. Juni, damit seinem Namenstag, regte schon von Beginn zu vielen Legenden an, seine rekordverdächtig schnelle Heiligsprechung 1232 zeugt von hoher Anerkennung im Volk. Vieles wurde ihm an Wundern und Erfolgen angedichtet, weniges ist schriftlich von seinem Wirken festgehalten. Seine Fähigkeit zur Hilfe beim Wiederfinden der verlorenen Dinge hat als Erstes den verlorenen Glauben als Hintergrund. Seine ungeheuer volksnahe Ausstrahlung, seine Predigt für einfache Leute mit intensivem Bibelbezug hinterließ in nur einem Dutzend Jahren ungeheure Wertschätzung. Die historischen Fakten sind hinter den Erzählungen nicht mehr voll greifbar. Dennoch wurde er wie später Theresia von Lisieux zum Kirchenlehrer erklärt.

Man muss wissen, dass die franziskanische Bewegung der Armut und der Jesus-Gemäßheit, der Fröhlichkeit und der von Adelskämpfen und politischen Machttendenzen befreiten Kirchlichkeit so radikal viele Anhänger fand, dass beim Tod des Franziskus bereits 30.000 Menschen seinen Idealen folgten. Der junge Orden konnte mit Mühe seine Strukturen aufbauen und bekam sie erst langsam kirchlich anerkannt. Die Schlichtheit der Sprache, die Naturverbundenheit der Predigtvergleiche, der Verzicht auf Posten und Reichtum, die persönliche Heiligkeit der Gründergeneration führte in einer Zeit der Glaubenskämpfe mit Katharern und Häretikern, mit Schismen und politischer Verquickung zu Wertschätzung im Volk. Die Friedensmission des Franziskus im Heiligen Land setzte Zeichen in Kreuzzugszeiten. Die intensive Benutzung der Bibel und das theologische Studium brachte den ursprünglichen Jesus besser zur Geltung als Reliquienansammlung und Wunderglaube oder als römische Vetternwirtschaft und Kriege im Namen des Glaubens.

Jesus spricht vom Korn, aus dem die guten Früchte von selbst hervorgehen. Die Rückbesinnung auf die arme Lebensweise Jesu und auf den Originalsamen der Bibel haben wie eine Befreiung gewirkt auf die Bevölkerung des 13. Jahrhunderts. Die Armutsbewegung der Dominikaner und der Franziskaner hat wie in der Vision des Franziskus gewirkt: „Bau mir meine Kirche wieder auf!“ Uns Heutige fällt die Besinnung auf das Wesentliche und wirklich Wichtige schwer genug in der Dauerbeschallung und Überversorgung multimedialer Informationsflüsse. In diesen Wochen erleben wir in der Natur, was aus einer Pflanze, aus einem Korn Großes wächst wie beim Senfkorn. Und wir selbst ahnen vielleicht nicht, was aus uns noch werden kann, selbst im Ältersein. Was wächst aus einem kleinen Kind?

 

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10. Sonntag im Jahreskreis

© Alois van Doornick, Bild und Botschaft

124. Die neue Eva und die Schlange. Maria im Marienleuchter St. Nicolai Kalkar. Henrik Bernts und Kerstken van Ringenberg 1508, Henrik Douvermann 1528, Arnt van Tricht 1540

(Evangelium: 10. Sonntag B: Gen 3, 9-15; Mk 3, 20-30)

 

Im Bild

Im Zentrum der Nicolai-Kirche hängt der Marienleuchter, der von vier großen Kalkarer Schnitzern bearbeitet wurde: So hing die mittelalterliche Kerzen-Lichtquelle zur Ausleuchtung gerade in dunklen Monaten im Mittelpunkt und machte gleichzeitig eine Aussage über das „Wort, das Fleisch geworden ist in unserer Mitte“ und der „das Licht der Welt“ und der Kirche ist.

So wird der Besucher zuerst mit der Herkunft Jesu aus dem Stammbaum des Jesse und Davids sowie aus der Jungfrau Maria konfrontiert. Das adventlich-weihnachtliche Geschehen findet hinten im Passions- und Ostergeschehen des Hochaltars seine Fortsetzung. Für den genauen Beobachter aber findet sich in der Strahlenkranz-Madonna auch die große Frau aus dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes. Kapitel 12 spricht von der großen Frau, umkleidet mit der Sonne, den Mond unter ihren Füßen, die ihr Kind verteidigt gegen die Schlange. Der große Halbmond unten hat auch ein „Mondgesicht“ und die Schlange windet sich links unter den Füßen der Frau. Das Kind ist fast unterwegs zu uns, so lebendig entwindet es sich den Händen der Mutter auf uns zu. Auch wenn in Offb 12 nicht von Maria die Rede ist: Maria würde auch nichts anderes wollen als zu sagen: „Nehmt ihn mit! Der ist für euch!“

 

Die Botschaft

Ich bin sehr dankbar, dass in der Kunst von St. Nicolai so viel vom Alten Testament abgebildet ist: Abraham, Isaak, Jakob und Mose, oder im Marienleuchter die aus dem Himmel von Gottvater herunterführende Stammbaumranke der Könige Israels seit Jesse, David und Salomo. Die Schlange macht zudem die Vertreibung aus dem Paradies und den Sündenfall der Menschheit präsent: „Da sprach Gott, der Herr, zur Schlange: Weil du das getan hast, bist du verflucht unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes. Auf dem Bauch wirst du kriechen und Staub fressen alle Tage deines Lebens. Feindschaft setze ich zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er trifft dich am Kopf und du triffst ihn an der Ferse.“ (Gen 3, 14.15)

Christen werden in ihren Gottesdiensten penetrant verwiesen auf die Sündenverhaftetheit seit Adam und Eva. Welt und Mensch sind ohne Schuldgeschichten nicht denkbar. Die Adam- und Eva-Geschichte deutet dies vom dauernden „Wie-Gott-sein-Wollen“ der Menschen am „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“. Die Marienfigur wirkt hier wie eine Monstranz, die den eucharistischen Christus uns hinhält zur Verehrung, der uns immer wieder sagt: „Mein Leib, mein Blut zur Vergebung der Sünden“. Christen dürfen in diesem Sinne „über den Dingen stehen“, denn sie haben einen Erlöser gerade in der Ohnmacht eines Kindes und der ausgebreiteten Hände am Kreuz.

Das Evangelium des 10. Sonntags im Jahreskreis B stellt uns Maria vor auf der Suche nach ihrem Sohn. Dieser brüskiert sie: Meine Mutter, meine Brüder? Das sind die hier alle, die das Wort Gottes hören und befolgen! Bereits das Evangelium also erhebt Maria nicht in den Goldglanz süßer Marienbilder. Maria will immer neu mit uns Jesus aufsuchen wie im Evangelium. Wenn wir ihre Nähe suchen, ist uns das ein starker Schutz gegen alle sich „einschlängelnden“ negativen Einflüsse. Heilige Maria, bitte für uns Sünder!

 

Gegrüßet seist du, Maria 

 

Nicht im Goldglanz willst du erscheinen.

Nicht hoch geehrt werden deinetwegen.

Auf Händen willst du IHN tragen,

auf deinen Händen zu den Menschen hin.

 

Darum sei gerne ge-„grüßt“, ver-„größ“ert

und groß über alle herausgestellt,

weil du hinter IHN zurücktrittst,

weil du Gott in diese Welt kommen ließest,

weil du IHN und seine Jünger umsorgt hast,

weil du trotz allem an IHN geglaubt hast,

weil du für uns ansprechbar bist,

weil du Trösterin der Betrübten bist,

weil du schmerzerfahren bist,

weil du liebenswert bist,

weil du SEINE Mutter bist,

weil du Menschen bei IHM zusammenführst.

 

Gegrüßet seist du, Maria.

Du bist sehr zu begrüßen.

Du bist wirklich groß-artig.

Bitte für uns Sünder!

Jetzt und in der Stunde unsres Todes! Amen.

 

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9. Sonntag im Jahreskreis

© Alois van Doornick, Kalkar, Bild und Botschaft

200. Das Zehntwort für heute. Fenster von Egbert Lammers 1973 im alten Chorraum von St. Lambertus Appeldorn

(Evang. 9. So. B: Dtn 5, 12-17; 2 Kor 4, 6-11; Mk 2, 23 – 3,6)

 

Im Bild

Erst in der Folge des II. Vatikanischen Konzils und der dort neu verkündeten Leitsätze zum Verhältnis der katholischen Kirche zu den christlichen Konfessionen und den Weltreligionen setzte Egbert Lammers für St. Lambertus Appeldorn seinen Fensterzyklus fort. Er stellte in Ergänzung des Fensters der Engel in der Bibel auf der gegenüber liegenden Seite des Chorraums nun das Wirken der Engel Gottes in den Weltreligionen vor. Für das Judentum steht hier das Bild, wie Mose der Herrlichkeit Gottes gegenübersteht und die Tafeln der Zehn Gebote empfängt. Auf dem blauen himmlischen Hintergrund umfangen Mose die Flammen der Herrlichkeit Gott und er sieht zu dem Engel auf. Dieses quadratische Fenster ist Teil eines zweibahnigen gotischen Fensters mit sieben „Etagen“. Über den Wasser der Urflut und den Zweigen des Weltenbaumes folgen als Zweites von unten das Bild von Mose mit dem Zehntwort und gegenüber die Überreichung der glühenden Kohle an den Propheten Jesaja für seinen Mund (Jes 6, 6). Der „Führer des Volkes“ und „der Prophet“ empfangen die Weisung „von oben“, auch weil hoch oben in der Spitze die Dreifaltigkeit präsentiert wird.

 

Die Botschaft

Uns Aufgeklärten fällt es heute schwer, sich „von oben“ leiten zu lassen: „Amen, amen, ich sage dir: Wenn jemand nicht von oben geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ (Joh 3, 3) „Am dritten Tag, im Morgengrauen, begann es zu donnern und zu blitzen. Schwere Wolken lagen über dem Berg und gewaltiger Hörnerschall erklang. Das ganze Volk im Lager begann zu zittern.“ (Ex 19) So wird der Tag der Übergabe der 10 Gebote oben auf dem Sinai (Ex 20) zum Vorzeichen der Auferstehung am dritten Tag auf dem Berg Golgotha. Der Bundesschluss mit seinen beiden „Sparten“ der Gottesgebote von 1-3 und der irdischen Verhaltensregeln 4-10 wird das Volk Israel nach der Überschreitung des Jordan im Gelobten Land leiten und in eine sichere Zukunft führen. Es heißt vor der anderen Überlieferung der 10 Gebote (Dtn 5, 6ff) im Buch Deuteronomium: „Ihr sollt sie bewahren und sollt sie halten. Denn darin besteht eure Weisheit und eure Bildung in den Augen der Völker. Wenn sie dieses Gesetzeswerk kennenlernen, müssen sie sagen: In der Tat, diese große Nation ist ein weises und gebildetes Volk.“ (Dtn 4, 46)

Die zweite Tafel beginnt mit dem Sabbatgebot, mit dem Jesus wegen seiner Heilungen und seiner Lehrtätigkeit an diesem Tag oft genug in Konflikte kommt mit den Pharisäern. Es ist der siebte Schöpfungstag der Ruhe Gottes. Der Tag der Danksagung und der gemeinsamen Glaubens- und Gottesfeier. Ein Tag, um Gott im Blick zu behalten und die nach altem Brauch die Woche mit Gottes Segen zu beginnen (im Gegensatz zur Vorstellung vom „Wochenende“). Der „Domingo“ ist in südlichen Ländern „feria prima“ und der Montag bereits der zweite Wochentag.

Das mit dem Ausschlafen am Sonntag ist durchaus eine hohe kulturelle Errungenschaft des Christentums als geschützter Bereich gegen die „Versklavung der Arbeitsmaschinerie“. Unsere (im Gegensatz zu Japan oder Amerika) vielen Feiertage sind darin noch einmal eine weitere „Lebenshilfe“ im Arbeitsstress gerade früherer Generationen mit Zwölf-Stunden-Tag. „Zeit für Gott“ müssen wir uns immer nehmen, sollten sie aber fest genug einplanen und am besten mit anderen kommunizieren, auch zum gemeinsamen Gottesdienstbesuch. Es bedarf schon deutlicher Planung, dass der Sonntag nicht zum Werktag wird oder Feierstress aufkommt: „Ich muss noch zum Geburtstag.“

Hier noch ein anderer Blick auf die Sonntagskultur und die Sinnfindung, die ich den Schützen einmal vorgelegt habe:

Gut gezielt ist fast gewonnen. Ziele ordnen wie beim Scheibenschießen von der Mitte nach außen, also von 10 bis 1

⃝    Unsere Orte leben von Leuten, die sich für andere Zeit nehmen.

⃝    Im Beruf ist nicht Geldverdienen das erste Ziel.

⃝    Ich gebe von meinem Vermögen mehr als Kleingeld für Arme.

⃝    Ich informiere mich über und interessiere mich für weltweite Dinge.

⃝    Ich bin dankbar für die kostbaren Menschen in meinem engsten Umfeld.

⃝    Austausch mit Gott gehört zu jedem Tag.

⃝    Glücklich ist nicht, wer viel hat, sondern wer wenig braucht.

⃝    Wenn jeder für sich selbst gut sorgt, ist schon viel auf den Weg gebracht.

⃝    Lieben heißt: Ich mache dir täglich das Leben schön.

⃝    Die Natur ist uns ein schützenswertes Geschenk für die Nachfahren.

 

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Fronleichnam

© Alois van Doornick, Kalkar: Bild und Botschaft

62. Fruchtbares Leben aus dem Tod. Geheimnis des Glaubens. Fronleichnamsbild in St. Hubertus Kalkar-Kehrum

Evangelium 15. So. A: Mt 13,1-23: Gleichnis vom Sämann

 

Im Bild

Das vor vielen Jahren als Fronleichnamsbild entstandene Werk wird heute als Trockenblütenbild jährlich wieder in St. Hubertus zur Fronleichnamszeit am zweiten Sonntag nach Pfingsten gezeigt. Das unten von roten Blütenblättern (für das Blut Christi) umgebene Kreuz aus Gerstenähren ist umgeben von den Symbolen des als Taube auf Christus herabkommenden Heiligen Geistes, des „Chi-Rho“ oder „PX“ für die Anfangsbuchstaben des Wortes Christus, dem Fisch für das urchristliche Glaubensbekenntniszeichen („Jesus Christus ist Gottes Sohn, Erlöser“ für die griechischen Initialen I-CH-Th-Y-S = Fisch) und dem Eucharistiesymbol Kelch mit Hostie. Der durch das Foto golden strahlende Christus-Corpus erinnert in der Form auch an das Kind in der Krippe, das schon in der Barockzeit auf Ähren gebettet gemalt wurde mit Blick auf die Eucharistie als Nahrung für den Menschen, hier einmal Nahrung aus anderem Blick in der Futterkrippe von „Bethlehem“ , was sinnigerweise „Haus des Brotes“ bedeutet.

Um dem Christus(Kind) eine weiche Unterlage und auch eine Art Gloriole zu geben, wurden die langen Grannen der Gerste bei den Ähren auf den „Balken“ abgetrennt und neu um den Kopf gelegt. Es entsteht der Eindruck, dass diese Grannen zu dem einen Korn Christus gehören. Somit kommen dann die Körner in den vielen anderen Ähren noch deutlicher zur Geltung: Aus einem Korn, das absterbend in der Erde einen eigenen Halm hervorbringt, wächst „Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach“.

 

Die Botschaft

Aus einem Christus wuchsen viele Christen. Christen dürfen daraus leben, dass die göttliche Botschaft nicht Theorie, sondern Mensch geworden ist. Jesus selbst ist das Wort des Vaters an die Menschen, gesprochen und der Welt eingeschrieben in der ureigensten Sprache des menschlichen Leibes und Geistes. So ist die Menschheit nicht von oben, sondern von innen erlöst, nicht überfremdet, sondern in der eigenen Materie durchgeistigt.

Dem Sämann-Gleichnis ist das Weizenkorn-Gleichnis voran zu stellen: „Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ Joh 12,24 Beim Sämann-Gleichnis verdeutlicht Jesus seinen Freunden, dass sie im Vorteil sind gegenüber früheren Generationen, weil sie ihn live sehen und erleben und leichter das Evangelium vom Reich aufnehmen können. Von allen anderen Menschen, also denen vor ihm u n d denen nach ihm, sagt Jesus, dass viele zwar das Wort hören, aber nicht wahr-nehmen, 1. weil äußere Einflüsse („der Böse“) die Deutungshoheit gewinnen, 2. weil die Botschaft nicht betätigt wird und so verödet und der Glaube verdunstet oder 3. weil andere Aufgaben und Sorgen sich stärker „zu Wort“ melden und mehr Raum beanspruchen als das unscheinbare Korn des Gotteswortes. Auch bei dem fruchtbaren Samen gibt es Verluste von 40 oder gar 70%! Dies erinnert aber auch an das Gleichnis von den Talenten (5,3,1), dass jeder nur aus dem Anvertrauten Neues in gleichem Wert entwickeln soll und nicht überfordert wird mit den eigenen kleinen Kräften. Ich denke, wir müssen alle vier Stufen im Blick behalten, sonst gibt es eine Kirche der „Reinen“.

Insgesamt dürfen wir dankbar wahrnehmen, dass beim Glücklich-Werden und Leben-Finden uns die Hardware sowohl des menschlichen Leibes, Verstandes und Herzens geschenkt ist wie die Software der Wachstumsenergie und die Entfaltungskräfte, so sie denn dann von uns betätigt und zielgerichtet eingesetzt werden. Oder müssen wir uns das „Allein mir fehlt der Glaube“ vorhalten lassen? Unser niederrheinischer Dialekt kennt für „hören“ zwei Vokabeln: „höören“ und „lüstern“: Da steckt das Wort „Lust“ drin, eine Suchenergie, die uns manchmal fehlt. „Lössen“ ist im Dialekt das „Mögen“, oder „Geschmack finden“. Finden wir Geschmack an den Weisungen Jesu, an dem Einsatz für die Menschen? Kann ich wirklich wie das Weizenkorn und wie Jesus davon sprechen, dass ich tatsächlich und ohne Verlustangst „mich“ einsetzen will, auch wenn ich dabei „drauf gehe“ oder etwas oder mich verliere?

Wenn ich die vier Stufen des Gleichnisses anschaue und versucht bin, nur die letzte als erfolgreich und anerkennenswert zu erachten: Kann ich die Menschen verstehen, bei denen die Glaubensenergie weggepickt wird, oder wo sie vertrocknet oder überwuchert wird? Vielleicht kann ich helfen, den „Bösen“ zu verscheuchen, die Körner zu bewässern oder den Wildwuchs der Sorgen und Fremdbestimmtheiten zu mindern? Jedes Korn der Wahrheit ist kostbar. Jeder einzelne Mensch. 2019 und 2020 haben gelehrt: In trockenen Zeiten haben Bäume reiche Fruchtentwicklung …

 

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Dreifaltigkeitssonntag

© Alois van Doornick, Bild und Botschaft

122. „Meinen Segen hast du!“ Segnender Auferstandener, Sakramentshaus

St. Nicolai, Sandstein ca. 1450. (Evangelium Pfingsten 2021: Mt 28, 16-20)

 

Im Bild

Das Sakramentshaus im Chorraum der Nicolai-Kirche bezeichnet Guido de Werd als das älteste am Niederrhein. Der Tabernakel ist geborgen in einem aufstrebenden, Fialen-geschmückten Turm, der sich nach oben verjüngt. Zwischen den fünf vorstehenden Fialen treten außen je ein Engel, dann die Himmelskönigin Maria mit Kind, Johannes der Evangelist und mittig der auferstandene Christus hervor: De Werd bezeichnet ihn als „Schmerzensmann“, was eher an einen Passionschristus mit Dornenkrone denken lässt, statt wie hier an den mit seinen fünf Wunden seine Identität als Gekreuzigter vorweisender Auferstandener.

Vorherrschend ist ein Blau der Kleidung mit goldenen Emblemen vor einem blauen Hintergrund. Wegen der Neubemalung des 19. Jh. könnte die Farbgebung nicht mehr ursprünglich sein. Christus trägt in seiner Linken eine bunte Siegesfahnenstange und auf dem Kopf einen bunten Turban. Er hat die Rechte zum Segen erhoben und den Mund zum Sprechen geöffnet.

Die gedrungen, fast plump wirkende Figur sieht De Werd in einem burgundischen Zusammenhang. Neben den Konsolmasken am Gewölbeübergang gehört das steinerne Sakramentshaus zum ältesten Bestand vor allen Altären in St. Nicolai. Maria ist als gekrönte Königin mit Kind schon als himmlische Mutter der Glaubenden gekennzeichnet, während Johannes den vergifteten Kelch mit Wein segnet, aus dem die Schlange entweicht: So wird auch bei ihm die Kraft des Kreuzes Jesu als rettende Macht bezeugt.

 

Die Botschaft

Zu beachten ist der Ort: Über dem Aufbewahrungsort der Kommunion steht der segnende, verwundete Erlöser. Das erinnert an: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir bis du kommst in Herrlichkeit.“

Der Auferstandene tritt heraus zwischen Maria und Johannes. Damit wird die Kreuzigungsszene aus dem Johannesevangelium weitergeführt, in der der am Kreuz Erhöhte in der letzten Stunde testamentarisch seinen Freund und seine Mutter aneinander verweist: „Siehe, dein Sohn!“, „Siehe, deine Mutter!“ Der vom Gift verschonte Apostel und Evangelist Johannes und die himmlische Königin Maria verstärken die Auferstehungsbotschaft des weiter die Wundmale vorweisenden Christus: Der von der Welt Verwundete will nur mit den Passionszeichen sich als Erlöser präsentieren. Nur so will er zum Segen werden und als Sieger über den Tod dastehen. Aus der Gemeinschaft seiner Heiligen will er auftreten und Segen spenden. Aus dem von Menschen bereits gefüllten Himmel will er uns ansprechen, berufen, befähigen, ermutigen, trösten, bestärken und aussenden.

Ausgestattet ist der Erlöser nur mit den nackten Füßen des Predigers auf der Erde, des Entkleideten im Prozess vor Pilatus, mit der Siegesfahne des Bezwingers des Todes, mit dem Königsmantel der Gerechtigkeit („Er kleidet mich in Gewänder des Heils, er hüllt mich in den Mantel der Gerechtigkeit.“) und mit der erhobenen Segenshand, die Himmlisches herabbittet auf die Menschen und die Erde. Und er geht mit: „Ich bin mit euch“.

Die drei Finger deuten auf die Einheit im dreifaltigen Wesen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes: Die Fülle göttlicher Energie und Liebespotentiale wird uns übereignet: „Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere als diese vollbringen, denn ich gehe zum Vater … Er wird euch einen anderen Beistand geben.“ (Joh 14, 12.16)

Die Segenshand kann aber auch die Richtung weisen zu den Menschen: „Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28, 18ff.) Dabei kann die Segenshand eben sowohl als Taufgestus wie auch als Zukunftshinweis oder auch als Himmelsrichtung bis zum Ende der damals bekannten Welt verstanden werden. Dass Jesus mit nackten (und verwundeten) Füßen fest auf der Erde steht, deutet darauf, dass auch wir nicht abgehoben als Christen leben dürfen. Wir sollten uns „auf die Socken machen“ und zu den Menschen ausdrücklich hingehen. Die erhobene Segenshand verweist uns Menschen aber immer neu auf die „höhere Macht“, von der alles Gute kommt: „Und der Segen kommt von oben!“ So geht Pfingsten: Der halbnackte verwundete Erlöser bringt uns beim Kommunionempfang mit dem immer „größeren Gott“ zusammen und sendet uns als pfingstlich Glaubende, den Gottessegen zu den Menschen zu tragen und die am Rand und die „am Ende der Welt“ nicht zu vergessen.

 

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AvD-Schatzkiste

Ehe+Jubliäen

Archiv Sonntagsgedanken

Archiv Sonntagsbildgedanken 2020/2021

01. 5. Fastensonntag
02. Palmsonntag
03. Gründonnerstag
04. Karfreitag
05. Karsamstag
06. Ostern
07. Ostermontag
08. Weißer Sonntag
09. 3. Ostersonntag
10. 1 Mai
11. Marienmonat Mai
12. 4. Ostersonntag
13. 5. Ostersonntag
14. 6. Ostersonntag
15. Christi Himmelfahrt
16. 7. Ostersonntag
17. Pfingstsonntag
18. Pfingstmontag
19. Dreifaltigkeitssonntag
20. 11. Sonntag im Jahreskreis
21. 12. Sonntag im Jahreskreis
22. 13. Sonntag im Jahreskreis
23. 14. Sonntag im Jahreskreis
24. 15. Sonntag im Jahreskreis
25. Jakobustag am 25. Juli
26. 16. Sonntag im Jahreskreis
27. 17. Sonntag im Jahreskreis
28. 18. Sonntag im Jahreskreis
29. 19. Sonntag im Jahreskreis
30. 20. Sonntag im Jahreskreis
31. 21. Sonntag im Jahreskreis
32. 22. Sonntag im Jahreskreis
33. 23. Sonntag im Jahreskreis
34. 24. Sonntag im Jahreskreis
35. 25. Sonntag im Jahreskreis
36. 26. Sonntag im Jahreskreis
37. 27. Sonntag im Jahreskreis Erntedank
38. 28. Sonntag im Jahreskreis
39. 29. Sonntag im Jahreskreis
40. 30. Sonntag im Jahreskreis
41. 31. Sonntag im Jahreskreis Allerheiligen
42. 32. Sonntag im Jahreskreis
43. 33. Sonntag im Jahreskreis
44. 34. Sonntag im Jahreskreis, Christkönigsfest
45. 1. Advent
46. 2. Advent
47. 3. Advent
48. 4. Advent
49. Heiligabend
50. Weihnachten
51. 1.Sonntag nach Weihnachten
52. Neujahr
53. 2. Sonntag nach Weihnachten
54. Heilige Dreikönige
55. Taufe des Herrn
56. 2. Sonntag im Jahreskreis
57. 3. Sonntag im Jahreskreis
58. 4. Sonntag im Jahreskreis
59. 5. Sonntag im Jahreskreis
60. 6. Sonntag im Jahreskreis
61. Aschermittwoch
62. 1. Sonntag der Fastenzeit
63. 2. Sonntag der Fastenzeit
64. 3. Sonntag der Fastenzeit
65. 4. Sonntag der Fastenzeit

Archiv Sonntagsbildgedanken 2021/2022

01. 5. Fastensonntag
02. Palmsonntag
03. Gründonnerstag und Karfreitag
04. Ostern
05. Weißer Sonntag
06. 3. Sonntag der Osterzeit
07. 4. Sonntag der Osterzeit
08. 5. Sonntag der Osterzeit
09. 6. Sonntag der Osterzeit
10. Christi Himmelfahrt

11. 7. Sonntag der Osterzeit
12. Pfingsten
13. Dreifaltigkeitssonntag
14. 10. Sonntag im Jahreskreis
15. 11. Sonntag im Jahreskreis
16. 12. Sonntag im Jahreskreis
17. 13. Sonntag im Jahreskreis
18. 14. Sonntag im Jahreskreis
19. 15. Sonntag im Jahreskreis
20. 16. Sonntag im Jahreskreis

21. 17. Sonntag im Jahreskreis
22. 18. Sonntag im Jahreskreis
23. 19. Sonntag im Jahreskreis
24. 20. Sonntag im Jahreskreis
25. 21. Sonntag im Jahreskreis
26. 22. Sonntag im Jahreskreis
27. 23. Sonntag im Jahreskreis
28. 24. Sonntag im Jahreskreis
29. 25. Sonntag im Jahreskreis
30. 26. Sonntag im Jahreskreis

31. 27. Sonntag im Jahreskreis
32. 28. Sonntag im Jahreskreis
33. 29. Sonntag im Jahreskreis
34. 30. Sonntag im Jahreskreis
35. 31. Sonntag im Jahreskreis
36. 32. Sonntag im Jahreskreis
37. 33. Sonntag im Jahreskreis
38. Christkönigsfest
39. 1. Advent
40. Sonntagsgedanken zum 01.12.2021

41. 2. Advent
42. Nikolaus-Tag
43. 3. Advent
44. 4. Advent
45. Heiligabend
46. Weihnachten (Fest der Hl. Familie)
47. Neujahr
48. Taufe des Herrn
49. 2. Sonntag im Jahreskreis
50. 3. Sonntag im Jahreskreis

51. 4. Sonntag im Jahreskreis
52. Mariä Lichtmess
53. 5. Sonntag im Jahreskreis
54. 6. Sonntag im Jahreskreis
55. 7. Sonntag im Jahreskreis
56. 8. Sonntag im Jahreskreis
57. 1. Sonntag der Fastenzeit
58. 2. Sonntag der Fastenzeit
59. 3. Sonntag der Fastenzeit
60. 4. Sonntag der Fastenzeit